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die 2. deutsche Lautverschiebung nicht mitgemacht hat, wohl aber die Vertretung von k durch c aufweist. Ich sehe außerdem auch nach dem Aufsatz von SCHNETZ Archiv 39, 153 ff. keinen Grund, meine frühere Ansicht aufzugeben, wonach -ing in österreichischen Flußnamen auf slav. -niko zurückgehen und nicht aus slav. -ika, der Vorstufe von -ica, entlehnt sein soll. Die Belege bei SCHNETZ, mit denen dieses -ika erwiesen werden soll, sind alle auffallend spät. Ich erkläre wie früher KZ 51, 29 -ing aus slav. -snika. SCHNETZ selbst (Archiv 39, 179) muß ja nachdem er zuerst einen Genuswechsel bei den -kz-Namen für ausgeschlossen erklärt hat, zugeben: Freilich tritt in der Form solcher meist relativ spät überlieferter Namen der Gegensatz zu den ika-Namen nur selten deutlich hervor, weil vom 12. Jahrh. ab die letzteren auch schon oft ohne Genusendung sind". Das Kapitel über den Wandel von urslav. ei zu ě (S. 19) weist augenscheinlich in der Überschrift einen Druckfehler auf, denn es ist dort nur vom Wandel von ai, oi zu ě die Rede und ei ist im Slav. nicht zu ě geworden.

Daß slav. o erst im 9. Jahrh. aus älterem a hervorgegangen sei, ist eine mehrfach behauptete, aber für mich unerwiesene Tatsache, so lange man nur die Wiedergabe eines slav. o durch fremdsprachliches a oder eines fremden a durch slav. o dafür anführen kann. Es gibt nämlich für diese letztere Wiedergabe auch eine andere Erklärung: die Slaven hatten nur ein langes a und besaßen für die Wiedergabe eines fremden o nur ein kurzes offenes o (oder å), daher geben sie auch Wörter wie datavas, die erst zusammen mit dem Christentum, also gleichzeitig mit dem Beginn des Schrifttums im Altbulg. aufkamen, durch abg. sotona wieder. Ich glaube nicht an so späte Erhaltung des alten ǎ im Slavischen, so lange man beobachten kann, daß ein Deutscher im Jahre 1813 ein russisches proč durch bráts wiedergibt (vgl. Zeitschr. I 380). Mit der Methode von LESSIAK, SCHWARZ u. a. könnte man ebenso gut behaupten, russ. próc habe vor 100 Jahren prač gelautet!

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Das vom Wandel von au, ou zu u handelnde Kapitel (S. 16 ff.) enthält nur unsichere Beispiele. Von Rudava ist oben S. 526 schon die Rede gewesen. Semasiologisch unmöglich ist für mich ein weiteres Beispiel: Radbuza. Es soll germ. hard Wald und bausi „böse“ enthalten, eine Deutung für die ich in der älteren Flußnamengebung kein Beispiel finden kann. Wenn dieser Name urspr. Ortsname ist, dann liegt es näher, ihn als slav. Adjektivbildung zu einem Personennamen Rad(o)budz zu stellen. Auch die Erklärung des Flußnamens č. Úpa „Aupa" aus vorahd. up „auf“ +ahwa ist m. E. höchst unsicher, weil Upa als Flußname auch im zentralen Rußland vorkommt, weil ferner der Typus Aufach mir nicht alt erscheint und weil m. E. ein germ. upahwa zweifellos ein slav. *Vypava ergeben hätte. Aus ostgerm. *Eupahwa aber würde ich unbedingt slav. *Jupava erwarten. Auch die noch gewaltsamere Erklärung des Namens der benachbarten Neisse als „niede

ren Flusses (S. 18) darf nicht dazu dienen, diese unsichere Deutung zu stützen.

Das Kapitel über die Nasalvokale hat wegen seines viel reicheren Materials einen ganz andern Wert. Unmöglich erscheint mir darin nur die Deutung des Namens Tugast „Taus“ 1183. Wenn SCHW. hier (S. 30) eine Mischbildung *Tangvozde ansetzt, woraus Tugozda verständlich wäre, dann ist dazu zu bemerken, daß man im Slavischen hier unbedingt Tanz-gvozdz erwarten müßte und daraus wäre weder ein Nasalvokal, noch ein u entstanden. Die Erklärung ist m. E. unmöglich.

In einem besonderen Kapitel wird über die elliptischen oder genetivischen deutschen Ortsnamen gehandelt. Dort will der Verf. u. a. den Namen Olomouc „Olmütz“ zugunsten eines hohen Alters dieser Ortsnamenbildung im Deutschen auswerten (S. 80) und reizt dadurch abermals zum Widerspruch. Der Name Olomoci ist m. E. eine slav. Adjektivbildung von einem Personennamen Olomoto, den man auf einen german. Personennamen Alamunp- zurückführen muß (vgl. übrigens SCHW. 102). Der deutsche Umlaut im Namen Olmütz erklärt sich durch Rückentlehnung aus dieser slav. Form. Die von SCHW. 81 angesetzte slav. Form Olomotos ist für mich ausgeschlossen. Aus germ. Alamundis wäre im Ačech. nur *Olomode möglich.

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An Einzelheiten ließe sich vieles im Anschluß an SCHW.' Buch bemerken. So halte ich die Erklärung von Wotawa von anord. hvatr schnell für unmöglich, weil daraus ein *Chvotava zu erwarten wäre (trotz SCHW. 23). Für einen alten Flußnamen ist es unbedingt falsch, Schwund eines anl. h anzunehmen. Auch Unfestigkeit“ eines anl. v in alter Zeit ist zweifelhaft: Admont habe ich Archiv 38, 89 aus slav. otamotz Wasserwirbel" hergeleitet (nicht vodomotz). Břežané sind für mich nicht Leute bei der Birke" (so S. 46), sondern Uferbewohner“. Sicher falsch ist auch die Erklärung von Přímda (S. 4) von čech. přímý gerade", denn slav. -oda, das nur abstrakte Bedeutung hat, kann darin nicht enthalten sein. Ein damit gebildes Wort hätte die Bedeutung gerade Richtung" und kommt in Flußnamen nicht vor.

Wenn der Flußname Svratka aus Svartah(w)a gedeutet wird (S. 2), dann ist zu beachten, daß dafür *Svratava zu erwarten wäre und eine derartige Umgestaltung eines -ahwa-Namens wie sie hier vorausgesetzt wird, sonst ganz ungewohnt wäre. Es ist also ratsam, mit diesem Flußnamen nicht zu sicher zu operieren.

Im Vorstehenden ist nur ein kleiner Teil des Inhalts von SCHW. reichhaltigem Buch besprochen. Wenn ich auch einen großen Teil seiner Ergebnisse für die slavische Grammatik beanstanden mußte, so hindert mich das nicht, die Kombinationsgabe, die etymologische Begabung und den Fleiß des Verf. voll und ganz anzuerkennen. Die Zahl der von ihm nachgewiesenen altgermanischen Flußnamen in Böhmen ist zu beträchtlich, als daß man annehmen könnte, das Land sei bei Einzug der Slaven entvölkert gewesen. Seine Untersuchung

der deutschen Ortsnamen Böhmens zeigt aber, daß sie in der Hauptmasse der Kolonisationszeit entstammen. So muß inzwischen die Slavisierung der alten germanischen Bevölkerung in Böhmen bis auf geringe Ausnahmen ziemlich gründlich durchgeführt worden sein.

Dieselben Fragen wie in dem eben besprochenen Buch, behandelt E. SCHWARZ auch in seinem Vortrag: Siedlungsgeschichte der Deutschen in den Sudetenländern im Lichte der Namenforschung von der Markomannenzeit bis zu den Hussitenkriegen. Prag 1924. (= Sammlung gemeinnütziger Vorträge hgb. vom Deutschen Verein zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse in Prag Nr. 547-548), 8o, 28 S. Diese kürzere Darstellung ist für den Historiker von besonderer Bedeutung, da sie nicht durch rein grammatische Ausführungen unterbrochen wird. Die Behandlung der verschiedenen Ortsnamenschichten hat dadurch auch an Klarheit sehr gewonnen und beruht auch hier, trotz der populären Form, auf reichhaltigem Material. Die zu den einzelnen Erklärungen möglichen Einwände sind dieselben, die schon im Vorstehenden gemacht worden sind 1). Vgl. z. B. oben über Svratka, Neisse, Wotawa u. a. An neuen Deutungen verzeichne ich diejenige von Sázava, das SCHW. mit ahd. sahar Riedgras" in Verbindung bringt. Für mich ist diese Erklärung wegen des dabei vorauszusetzenden h-Schwundes zweifelhaft, den ich mir bei einem alten Namen mit erhaltenem z nicht vorstellen kann.

Ob auch der Aufsatz von SCHWARZ über Die Landnahmezeit der Sudetenslaven im Sudetendeutschen Jahrbuch Bd. I (Augsburg 1925) etwas über die altgermanischen Ortsnamen in Böhmen enthält, kann ich nicht feststellen, da mir diese Publikation noch nicht zugänglich geworden ist.

Neben diesen Arbeiten von SCHWARZ besitzen wir über denselben Gegenstand noch zwei Abhandlungen von E. GIERACH: Altdeutsche Namen in den Sudetenländern. Reichenberg i. B. Verlag Franz Kraus 1922, 8o, 19 S. (Sudetendeutsches Volk und Land. Heft 3) sowie seine: Germanen am Eschengebirge. Reichenberg i. B. 1923, 8o, 16 S. (= Sudetendeutsches Volk und Land. Heft 8). Auch diese beiden Schriften werden, trotzdem sie der Popularisierung dienen sollen, von Fachleuten wegen der guten Begründung vieler keltischer und germanischer Ortsnamenetymologien in Böhmen und Mähren genau berücksichtigt werden müssen. Man beachte z. B. die Ausführungen über den Flußnamen Waag sowie über den Marus „March", ferner über das Ασκιβούργιον ὄρος mit dem daraus entspringenden Fluß Oshava Eschenbach", über die Vltava „Moldau" (= wilder Bach) u. a.

Nicht beistimmen kann ich auch hier der Deutung des Flußnamens Opava als Aufach (so auch SCHWARZ Zur Namenforschung 25),

1) Dasselbe gilt auch von E. SCHWARZ Reste vorslavischer Namengebung in den Sudetenländern. Mitteil. d. Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen 61 (1923) S. 26-39.

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denn aus germ. upahwa wäre m. E. ein slavisches *Vapava zu erwarten. Das offene slav. o, das in alten Entlehnungen zur Wiedergabe eines fremden dient, eignete sich nicht zur Vertretung eines -Lautes, selbst wenn dieser durch den a-Umlaut auf germanischen Gebiet eine offenere Aussprache erhielt. Über die Erklärung von Neisse gilt das oben S. 527 ff. Gesagte. Kühn ist für mich ferner die Deutung verschiedener Osava-Flüsse als Espenbach. Auch die Auffassung von poln. Osobłoga Hotzenplotz als glücklicher Ort an der Osa kann ich vom Standpunkt der slavischen Wortbildung nicht billigen. Daß poln. błogi darin steckt, ist m. E. ausgeschlossen. Da der Name weder deutsch noch slavisch ist, kann der Versuch gemacht werden, ihn mit Hilfe des Ostgermanischen zu deuten und ich würde in seinem zweiten Teil lieber ein zu urgerm. *bulgion- Woge", an. bylgja mnd. bulge dass. gehöriges Wort sehen (vgl. übrigens SCHWARZ Zur Namenforschung 24). Endlich ist auch für den Namen der Mies eine slavische Erklärungsmöglichkeit vorhanden (vgl. BERNEKER EW II 63).

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Wichtig ist dagegen auch hier die zu SCHWARZ' Arbeiten1) stimmende Erkenntnis, daß die Einwanderung der Slaven vor Abschluß der hochdeutschen Lautverschiebung (6.-7. Jahrh.) anzusetzen sei und wertvoll ist auch hier die Feststellung, daß am Eschengebirge deutsche Wiederbesiedlung und nicht etwa aus vorslavischer Zeit erhaltene altgermanische Bevölkerung vorliegt. Das zeigen Ortsnamen wie Groß- und Klein-Mohrau (aus čech. Morava) an der March, Oska, nicht Ascha (aus čech. Oskava altgerm. Askahwa) u. dgl. die deutliche Spuren einer Umgestaltung in slavischem Munde aufweisen, der sie unterlagen, bevor sie von deutschen Siedlern übernommen wurden.

Berlin

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M. VASMER

Die Gogol-Forschung 1914-1924

Die letzten Gogol-Jubiläen von 1902 und 1909 haben eine zahlreiche Literatur erzeugt. Seitdem ließ aber das Interesse an Gogol nicht nur nicht nach, sondern wuchs merkbar, wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Evolution der modernen russischen Literatur, deren Vertreter vielfach merklich von Gogol beeinflußt werden (Andrej Belyj, Remizov u. a.), auch in der heutigen Literatur (Leonov, Zoščenko, Babel u. a.). Wohl deswegen konzentrierte sich auch das wissenschaftliche Interesse vornehmlich auf die literaturgeschichtlichen (im engeren Sinne)

1) SCHWARZ nimmt die Einwanderung der Slaven in Übereinstimmung mit den Historikern etwa nach dem Abzug der Langobarden (568) und gleichzeitig mit dem Vordringen der Awaren, im letzten Drittel des 6. Jahrh. an. Vgl. Mitteil. d. Ver. für Gesch. d. Deutschen in Böhmen 61 (1923) S. 39. Dazu vgl. die Ergebnisse der prähistorischen Forschung bei PREIDEL Seit wann wohnen Slaven in Böhmen? Festschrift zur Erinnerung an die Feier des 25 jährigen Bestandes des Staatsoberrealgymnasiums Tetschen 1924.

Probleme, auch auf die Stil- und Kompositionsanalyse der Prosa Gogols, während die Text- und Biographieforschung weniger Aufmerksamkeit auf sich lenkte.

Im Gebiete der Textforschung gilt als das wichtigste Ereignis der Fund eines bisher unbekannten Fragments Gogols, betitelt „Krovávyj bandurist" (der blutende Lautenspieler). Dasselbe wurde im Archiv des St. Petersburger Zensurkomitees unter den verbotenen Manuskripten von JULIAN OCHSMANN aufgefunden und in der „Niva" 1917 Nr. 1 veröffentlicht. (Auch im „Lit. Museum" 1921 abgedruckt). Dieses Fragment bezieht sich auf zwei andere Gogol-Bruchstücke, deren Zusammenhang der unlängst verstorbene Gogol-Forscher N. J. Korobka a priori ingeniös vermutet hatte, und zwar: 1. auf den Anfang eines Romans aus der ukrainischen Geschichte mit dem Volkshelden Ostranica im Mittelpunkte; 2. auf das noch zu Lebzeiten Gogols gedruckte Fragment „Plennik" (der Gefangene), dessen unmittelbare Fortsetzung das neuaufgefundene Fragment ist. Die gefundenen Seiten sind sehr beachtenswert als Muster einer von der französischen Romantik beeinflußten Effekthascherei: es wird darin z. B. dem lebendigen Helden die Haut abgezogen! (vgl. V. VINOGRADOV's unten angeführten Artikel,Gogol und Jules Janin“. Zu den neuen Textveröffentlichungen ist noch hinzuzufügen ein im Atenej (Athenäum) erschienenes, vom Verfasser redigiertes Fragment eines Geographiebuches für Kinder; noch einige Fragmente von geringerer Bedeutung sind vom Verfasser zum Drucke vorbereitet.

Das Studium der früher veröffentlichten Texte ist in der letzten Zeit fortgeschritten, dank den Bemühungen N. J. KOROBKA's in der von ihm redigierten, infolge seines Todes aber leider unvollendeten Ausgabe (Dejatel 1914, 5 Bde.). Es ist bekannt, daß Gogol's Werke zu seinen Lebzeiten meistenteils unter fremder Redaktion, mit Verbesserungen der Stil- und Sprachform erschienen sind. Den echten Text Gogol's suchte schon N. S. Tichonrávov festzustellen, aber ihm fehlte zuweilen der Mut, Gogol's Sprachfehler" beizubehalten. N. Korobka ging von dem Gedanken aus, daß wir kein Recht haben Gogol's „Sprachfehler", die ja eigentlich Spracheigentümlichkeiten sind, als Fehler zu verdammen. Außerdem hat Korobka alle von Gogol verworfenen Lesarten aus dem Texte entfernt, dagegen die Anmerkungen mit neuen Lesarten vermehrt. Im allgemeinen verdanken wir dem Redakteur eine sehr sorgfältige und die bisher als die beste geltende Gogol-Ausgabe, deren Wert durch die ausführlichen Einleitungsartikel, die das wichtigste der Gogol-Forschung zusammenfassen, erhöht wird. Einige Mängel sind z. T. von B. EICHENBAUM und K. CHALABAJEV berichtigt worden (s. Večerá na chútore bliz Dikan'ki und „Petersburger Novellen" Gosizdat [Staatsverlag] 1923 u. 1924). Aber das Meisterwerk Gogol's M'órtvyje Dúšy (die toten Seelen), ebenso wie einige seiner weniger wichtigen Werke sind in Bezug auf den Text seit Tichonravov und Schönrock noch niemals revidiert worden. Dasselbe gilt auch von Gogol's Briefen.

Obwohl die Gogol-Biographie forschung im letzten Jahr

Zeitschrift f. slav. Philologie. Bd. II.

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