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Sedleys dramen.

The Mulberry Garden.

Von den dramatischen produkten Sedleys bedürfen einer näheren betrachtung jene drei, die wir als selbständige werke des dichters erkannt haben: The Mulberry Garden, Antony and Cleopatra und Bellamira. Wir werden sie chronologisch aufeinander folgen lassen und beginnen demgemäfs mit der am 18. Mai 1668 im Theatre Royal aufgeführten tragikomödie The Mulberry Garden. Das stück trägt den namen von einem der parks, in denen sich die vornehme gesellschaft der restaurationszeit besonders nach dem schlufs der theater zu ergehen pflegte. Neben dem Mulberry Garden war vor allem St. James' Park beliebt. Im ersteren spielen sich wie wir sehen werden einige scenen unseres stückes ab. Es sei bemerkt, dafs die tragikomödie in demselben jahre (1668) gedruckt und 1675 wiedergedruckt wurde. Von späteren aufführungen hören wir indessen nichts. 1) Im übrigen verweise ich auf die ausführungen auf s. 16 ff.

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Inhalt: Der geizige puritaner Sir Samuel Forecast erzieht seine töchter Diana und Althea nach strengen grundsätzen, während sein lebenslustiger bruder Sir John Everyoung, der der partei der kavaliere angehört, bei der erziehung seiner töchter Victoria und Olivia sehr liberal verfährt und ihnen alle vergnügungen gestattet. Althea wird von Eugenio, ihre schwester Diana von dessen freund Philander verehrt. Da sich aber die beiden freunde entschlossen haben, für die kavalier-partei zu kämpfen, verbietet Forecast seinen töchtern den ferneren verkehr mit ihnen und befiehlt, dafs Althea den seiner partei angehörigen Horatio heirate. Den töchtern des Everyoung machen die eitlen, arg renommierenden stutzer Modish und Estridge den hof. Wirklich verliebt in Olivia ist Jack Wildish, aber es gelingt ihm nicht, sie von seiner tiefen neigung zu überzeugen. Durch eine geschickte intrigue klärt er die damen (Victoria und Olivia) über das wesen der stutzer auf, die, blofs um zu renommieren, sich nicht scheuen, den ruf der damen stark zu kompromittieren

1) Siehe Genest a. a. o. I, 81.

und gewinnt

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schliefslich die hand der Olivia.

Eugenio hat gehört, dafs

Althea den Horatio heiraten soll. Er begibt sich, trotz der gefahr entdeckt zu werden, als offizier verkleidet in das haus des Forecast, wo er sich Althea zu erkennen gibt. In der tat ist man auf seine spur gekommen. Soldaten der puritanerpartei dringen ins haus; voran sein rivale Horatio, der aber nicht gegen ihn kämpft, sondern aus reinem edelmut sich auf die seite des Eugenio stellt. Sie werden überwältigt und in den Tower abgeführt. Dasselbe schicksal erreicht Forecast, weil Eugenio in seinem hause angetroffen worden ist. Inzwischen aber hat sich der general Monk für die kavalierpartei erklärt und ihr damit zum sieg verholfen. Alle gefangenen, die unter dem verdacht, kavaliere zu sein, im Tower sitzen, werden befreit; so Eugenio, Horatio und Forecast. Horatio, der sich vergeblich bemüht hatte, Altheas liebe zu gewinnen, verzichtet auf ihre hand und trägt sein herz der Victoria an, die er früher verehrt hatte, und die ihn auch wieder aufnimmt. Eugenio bekommt nun Althea zur frau und sein freund Philander heiratet natürlich Diana.

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Damit haben wir erst die beiden wichtigsten handlungen des M. G. angedeutet. Eine umfangreiche dritte beruht auf einer intrigue des Wildish: Der habsüchtige Forecast hat sich einem freund des letzteren gegenüber in einer geldaffäre unbarmherzig benommen, wofür sich Wildish rächen will. Er schlägt dem Forecast vor, seine (des Wildish) verwitwete, reiche kousine zu heiraten, stellt ihn aber deren wirtschafterin vor, um die Forecast nun wirbt. Sein bruder Everyoung hat von dem vorhaben gehört auch er ist der meinung, es sei die reiche witwe dringt in ihr haus ein und stört die werbung seines bruders mit Modish und Estridge. Als Everyoung später erfährt, dafs sein bruder sich stutzerhaft angezogen hat und der witwe einen zweiten besuch machen will, läfst er ihn auf der strafse durchprügeln. Modish und Estridge wollen sich an Wildish rächen, weil er sie entlarvt hat. Sie entführen die witwe, die sie für dessen kousine halten. Estridge heiratet sie und verspricht dem Modish eine bedeutende rente zu zahlen. Am ende stellt es sich heraus, dafs sie sich selbst geprellt haben.

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Aufbau und handlung: Wie die inhaltsübersicht zeigt, haben wir im M. G. nicht weniger als drei umfangreiche hand

lungen. Die beiden ersten laufen ohne innere verbindung nebeneinander her; die dritte erscheint gar als eine grofse eingeschobene episode, die den dritten akt fast völlig ausfüllt und zu den beiden anderen handlungen nur sehr äufserlich in bezug steht. Die scenen der einzelnen handlungen wechseln sich oft ganz beliebig ab und sind ohne jeden inneren zusammenhang. Aufser in der losen verknüpfung der handlungen macht sich der mangelhafte aufbau des stückes auch in der umständlichen exposition geltend, die sich über den ganzen ersten akt erstreckt.

Auch der verlauf der einzelnen handlungen in sich läfst zu wünschen übrig. Motivierung, steigerung und lösung ist meist schwach. Die erste handlung z. b. Die erste handlung z. b. wir dürfen sie als haupthandlung bezeichnen -- spinnt sich in der ersten scene des II. aktes dadurch an, dafs Forecast seiner tochter den verkehr mit Eugenio verbietet. Das verbot ist allerdings durch Forecasts strenge, seine zugehörigkeit zur puritanerpartei und seinen geiz gut motiviert. Fortgesetzt wird die handlung in der dritten scene desselben aktes: Althea weist Horatio zurück. Erst am anfang des III. aktes haben wir wieder eine scene, die sich auf die handlung bezieht, sie aber nicht fördert: Eugenios klage, dafs Althea den Horatio heiraten müsse. Vorwärts getrieben wird die handlung erst in der dritten scene des IV. aktes: Eugenio erscheint im hause des Forecast. Damit tritt zugleich die katastrophe ein: Eugenio mit ihm Horatio und Forecast -- werden gefangen genommen. Die lösung der verwicklung geschieht durch einen zufall: den sieg der königspartei durch die erklärung des general Monk. - Ähnlich verläuft die zweite handlung: Sie spinnt sich an II, 2 (s. 52): Wildish wirbt um Olivia. Fortsetzung ohne merkliche steigerung III, 2 (s. 67): Wildish erklärt ihr von neuem seine liebe. Steigerung IV, 1, 2 (s. 76—85): Wildish überzeugt Olivia und Victoria von der wahren gesinnung der stutzer Modish und Estridge. Damit hat er freies feld. Lösung V, 4 (s. 100): Olivia willigt ein Wildishs gattin zu werden. Die dritte, episodische handlung: Forecasts werbung um die vermeintliche reiche witwe ist durch seine geldgier motiviert. Im übrigen ist ihr verlauf willkürlich, bisweilen possenhaft: Störung der werbung (s. 66 ff.), noch mehr die prügelscene (s. 68 ff.). Als einziger vorzug der dritten

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UNIVERSITY

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handlung kann gelten, dafs sie ohne längere unterbrechung verläuft, während die einzelnen phasen der ersten und zweiten handlung oft durch einen ganzen akt getrennt sind, sodass das ganze als zerstückelt und wenig wirksam erscheint.

Was die einzelnen scenen anlangt, so vermissen wir auch bei ihnen meist einen dramatischen aufbau. Die ernsten sind ganz in genre der heroic plays gehalten, der form sowohl als dem inhalte nach. Sie stehen streng für sich und erst am ende des stückes, als die verschiedenen fäden zusammenlaufen, vermischen sie sich mit den heiteren prosascenen. Die ernsten scenen sind im heroischen kouplet abgefafst. Den inhalt bilden meist wortreiche, phrasenhafte erörterungen über liebe, ehre, deren verhältnis zu einander, über freundschaft, tugend und schicksal. Sie spielen sich ab zwischen Althea und Diana und deren liebhabern Eugenio und Philander und erfüllen so den gröfsten teil der haupthandlung. Althea setzt auseinander, dafs die liebe die ehre besiegen müsse, ihre schwester vertritt die gegenteilige ansicht. Heldenhafte entschlüsse und taten sind in den heroischen scenen nichts seltenes, kommen aber meist so unerwartet und unmotiviert, dafs der schritt vom erhabenen zum lächerlichen getan ist. Es seien einige proben vom heroischen stil gleich hier angeführt. Diana klagt ihrer schwester gegenüber (s. 46):

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We two, or none, may of our stars complain,

Who nothing us afford to share but pain;

Each bears her own, and th' other 's portion too;
This cruel wonder can high friendship do.

Für uns unerträglich sind stellen wie [Althea, s. 48]:

oder:

When fate wou'd harm where virtue does protect,

She does her guilt and impotence detect;

She can but rob the virtuous of that rest

She must restore again with interest,

And all the dangers of these heroes past,
Must needs consider their high worth at last.

Phrasen wie:

Fate to be pardon'd, had no other way (s. 103)

Fate is at length asham'd, or weary grown (s. 104)

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sind nicht selten. Der bombast der heroischen scenen tritt umsomehr hervor, als die daneben stehenden heiteren in flotter

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prosa abgefasst sind, nicht eine spur vom „,heroic sentiment" in sich tragen und gespräche vorführen, wie sie täglich in der prosaischen restaurationszeit gepflegt werden. Zwar fliefsen die prosascenen nicht immer mit der fürs drama wünschenswerten klarheit und prägnanz dahin, einige aber machen dem gewandten und witzigen gesellschafter Sedley alle ehre. Zu den geschicktesten gehören die letzte scene des II. aktes (störung der werbung Forcasts), die ersten scenen des IV. aktes (entlarvung der stutzer) und die scene im Tower (Everyoung besucht seinen bruder). In den prosascenen finden wir bisweilen bereits den lebendigen dialog mit schlagfertiger, witziger rede und gegenrede, der die komödie der restaurationszeit auszeichnet. Die wirkung des dialoges beruht jedoch lediglich auf der natürlichen unterhaltungsgabe unseres dichters: eine technische durchbildung ist nicht vorhanden. Auch die verwendung anderer äufserer mittel (situationskomik etc.) zur erhöhung der komik vermifst man. Man sieht, dafs Sedley auf dramatischem gebiet ein neuling war, und findet bestätigt, dafs er hauptsächlich auf grund seines anerkannten rufes als schöngeist (wit) sich an die abfassung der komödie heranmachte, ohne besonderes dramatisches talent zu besitzen und ohne sich die notwendigen technischen fertigkeiten angeeignet zu haben.

Charaktere: In den personen des M. G. lernen wir von den trägern der ernsten handlung abgesehen echte vertreter der restaurationszeit kennen. Sedley zeigt sich als guter beobachter, aber wieder macht sich der mangel einer genügend einheitlichen und dramatisch wirksamen darstellung fühlbar. Er wendet sein prinzip: The chief aim of poetry ought to be the copying of nature 1) zu streng an. Damit die personen aber dramatisch verwendbar werden, müssen nebensächliche eigenschaften zurückgedrängt, die charakteristischen besonders stark betont werden, sodafs letztere die personen gleichsam beherrschen und als motive für die handlung wirksam benutzt werden können.

Forecast, an old notorious round-head", wird als geizig und streng dargestellt. Er trägt etwas von der bei Molière

1) Im vorwort zur übersetzung der Vergil'schen Eclogen, 1, 271.

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