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geschichtsschreibern wirklich untersucht zu haben. Ich bin zu dem ergebnis gekommen, dafs der dichter in der hauptsache Plutarch benutzt hat, ohne sich aber eng an ihn anzulehnen. Sedley verfährt viel freier als z. b. Shakespeare, aber nicht ganz so frei wie Dryden in seinem All for Love". Sedley rückt manche ereignisse näher an einander, manche läfst er fort. Auch in bezug auf motivierung und zeichnung der einzelnen charaktere gestattet er sich viele freiheiten. Aufser Plutarch hat der dichter wohl Dion Cassius gekannt und ihm einige wenige züge entlehnt. In einem punkte könnte er von Florus angeregt worden sein. Eine abhängigkeit von älteren dramen, die denselben stoff behandeln, kann nicht konstatiert werden. Übersehen aber hat man bisher eine interessante, nicht unwesentliche abhängigkeit: den einfluss von P. Corneilles „Pompée" auf Sedleys tragödie. Ähnlichkeiten inbezug auf die rhetorische sprache und einige charaktere sind so auffällig, dafs wir eine beeinflussung Sedleys durch Corneille unbedingt annehmen müssen. Eine solche liegt übrigens nicht fern: wir sahen, dafs Sedley im jahre 1664 mit Waller den „Pompée" des Corneille übersetzte. Die eindrücke, die die intensive beschäftigung mit dieser tragödie hinterliefsen, tauchten wie von selbst im geiste des dichters wieder auf, als er sich an die abfassung seiner tragödie machte, die stofflich jener ähnlich war, am selben orte (Alexandria) spielte und drei personen enthielt, die im „Pompée" auftreten (Cleopatra, Antonius, Charmion).

Aufbau; handlung. Während Shakespeare die einzelnen stadien der sinkenden macht des Antonius darstellt und uns abwechselnd nach Italien, Griechenland, Syrien und Alexandria versetzt, stellt Sedley nur den entscheidungskampf um Alexandria dar und wahrt die einheit der zeit und annähernd die einheit des ortes. Man erkennt hieraus den einflufs der klassisch-französischen tragödie, den die heroic plays im allgemeinen aufweisen. Auch die einheit der handlung wird beobachtet. Zwar haben wir auch in A. a. Cl. einige überflüssige scenen und eine nebenhandlung. Letztere tritt aber bei weitem nicht so störend auf wie die beiden nebenhandlungen im M. G., sie ist der haupthandlung untergeordnet und mündet schliefslich in diese ein. - Die haupthandlung

verläuft wie folgt: 1) Zunächst setzt Antonius seine hoffnungen auf ein heer, 2) das sich aufserhalb Alexandrias befindet. Zu beginn des II. aktes weifs er bereits, dafs diese zu nichte geworden sind. Seine macht sinkt mehr und mehr zusammen. Im III. akte zerschlagen sich die friedensverhandlungen. Dafs Caesar auch dem Antonius den frieden anbietet, ist geschickt von Sedley hinzugefügt worden. Plutarch und Dion Cassius berichten, dafs er nur mit Cleopatra verhandelt habe.

An frieden ist nicht mehr zu denken, der kampf muss die entscheidung bringen. Der ausfall, den Antonius nun unternimmt, ist bei Plutarch sehr einfach und kurz geschildert.3) Wie ausführlich Sedley diesen kampf darstellt und wie viele begebenheiten er hinzuerfindet, ist aus der inhaltsangabe ersichtlich. Der erfolg des ausfalles bedeutet aber nur ein

1) Es sei erwähnt, dafs man sich die schlacht bei Aktium als unmittelbar vorausgegangen denken mufs. Sedley folgt also in diesem punkte nicht der darstellung Plutarchs, der ja ausführlich über die ereignisse berichtet, die zwischen jener schlacht und dem letzten kampf vor Alexandria liegen. Zum aneinanderrücken dieser begebenheiten kann Sedley durch die sehr gedrängte darstellung des Florus veranlafst worden sein, a. a. o. p. 168: Prima dux fugae regina cum aurea puppe veloque purpureo in altum dedit. mox secutus Antonius; sed instare vestigiis Caesar. itaque nec praeparata in oceanum fuga nec munita praesidiis utraque Aegypti cornua, Praetorium atque Pelusium, profuere: prope manu tenebantur. prior ferrum occupavit Antonius, regina ad pedes Caesaris provoluta temptavit oculos ducis. frustra quidem .

2) Sedley weicht wiederum von Plutarch ab. Er dürfte diese tatsache aus Dion Cassius entlehnt haben, der a. a. o. im 51. buch von einem heer berichtet, das dem Antonius treu geblieben war, auf dem marsche nach Ägypten eingeschlossen wurde, sich aber erst ergab, als es annehmen mufte, dafs Antonius umgekommen sei. Sedley folgt auch dieser quelle nicht in allen punkten. Er nimmt an, dafs das heer verräterischer weise zu Caesar übergegangen sei.

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3) Ob Sedley einen originaltext oder eine übersetzung von Plutarch benutzt hat, lässt sich nicht sicher feststellen. M. e. ist es jedoch sehr wahrscheinlich, dafs ihm eine ausgabe der North'schen übersetzung vorgelegen hat. Ich möchte dies daraus schliefsen, dafs Sedley für den namen des gesandten Caesars nicht die form des originales „,Thyrsus" sondern die der North'schen übersetzung „Thyreus“ hat. Ich citiere nach der ausgabe von 1631. Dort heifst es über den ausfall nur: Antonius made a sallie upon him [Caesar], and fought very valiantly, so that he drave Caesars horsemen backe, fighting with his men even into their campe. Then he came againe to the pallace greatly boasting of his victory

kurzes aufleben der hoffnungen vor der katastrophe.

Den

unglücklichen verlauf des zweiten kampfes stellt unser dichter in anlehnung an Plutarch dar. Die handlung erreicht ihren abschlufs - zu diesem drängen die ereignisse hin- wie bei Plutarch durch den tod des Antonius und der Cleopatra. Indessen verfährt Sedley bei der darstellung dieses abschlusses und bei der motivierung der letzten begebenheiten durchaus selbständig:) Antonius ist von der unschuld Cleopatras völlig überzeugt. Die direkte ursache für den tod des Antonius ist zwar auch eine ersonnene nachricht vom tode der Cleopatra. Diese wird aber nicht von Cleopatra, sondern von dem schon immer nach dem leben des Antonius trachtenden schurken Photinus erfunden, und zwar direkt in der absicht, dafs sich Antonius den tod geben möge. Dies geschieht, nachdem er den Lucilius [nicht wie bei Plutarch den Eros] vergeblich gebeten hat, ihn zu töten. Ferner hat bei Sedley der tod des Antonius den der Cleopatra zu unmittelbarer folge. Sie ist ihm wirklich ergeben und treu bis zum tode. Nach den darstellungen Plutarchs dagegen versucht sie, Caesar zu gewinnen und ihr reich zu retten. Erst nachdem sie erfahren, dafs sie im triumphzuge mitgeführt werden soll, gibt sie sich den tod. Man sieht, dafs Sedley beim aufbau der haupthandlung oft unabhängig von seiner hauptvorlage verfährt. Mit ziemlichem geschick rückt er die ereignisse an einander und läfst viel nebensächliches fort, sodafs das ganze einfacher und übersichtlicher wird.

Die nebenhandlung erfindet Sedley fast ganz selbstständig. Sie ist an die person des schurkischen Photinus geknüpft, der jedoch von Plutarch nur ein einziges mal dem namen nach genannt 2) und in keiner weise charakterisiert wird. Das vorbild für diese person fand Sedley ohne zweifel im Photin in Corneille's „Pompée", der als unedler charakter und kalt berechnender, vor keinem mord zurückschreckender staatsmann

1) Bei Plutarch sind die ereignisse nach dem abfall der flotte und des heeres wie folgt dargestellt: Antonius eilt in die stadt zurück und klagt, dafs ihn Cleopatra verraten habe. Diese flieht aus furcht vor dem erregten Antonius in ihr mausoleum und läfst ihm melden, sie sei tot. Auf diese nachricht hin ersucht Antonius den Eros, ihn zu töten. Eros aber ersticht sich selbst, worauf sich Antonius in sein schwert stürzt.

2) a. a. o. s. 938.

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geschildert wird. 1) Schon im ersten akt von A. a. Cl. hören wir von der gegnerschaft des Photinus gegen Antonius (I. akt 2. sc. s. 137 ff.). Photinus strebt nach der königskrone und möchte vor allem Antonius beseitigen. Indessen mifsglückt sein frecher mordanschlag (II. akt 1. sc. s. 144 ff.). — Durch seine ehrgeizigen pläne hofft Photinus zugleich die liebe der unschuldigen Iras, einer begleiterin der Cleopatra, zu gewinnen, um die er bisher vergeblich geworben hat. Von neuem erklärt er ihr (II. akt, s. 146 ff.) seine neigung und stellt ihr in aussicht, dafs sie an seiner seite königin werden könne, worauf sie ihm verspricht, ihn lieben zu wollen. Während dann (IV. akt 2. sc. s. 169) Antonius vor der stadt kämpft, versucht Photinus abermals sein ziel zu erreichen, indem er sich an die spitze der aufrührer setzt. Doch auch dieses unternehmen schlägt fehl. Als schliefslich Antonius (V. akt, s. 184) völlig entmutigt in die stadt zurückkehrt, gelingt es dem schurken, sich seines gegners zu entledigen, dadurch, dafs er ihm durch die erfundene nachricht vom tode der Cleopatra zum selbstmord treibt. Er höhnt den sterbenden und eilt dem sieger Caesar entgegen, von dem er für seine tat königliche belohnung erhofft. Caesar aber ist entrüstet über das werk des schurken, der aber noch immer seine sache nicht für verloren hält. Als in der schlufsscene die sterbende Iras, die mit ihrer herrin Cleopatra zu grunde geht, andeutungen über des Photinus verräterischen plan macht, bringt es der unmensch fertig, ihr den todesstofs zu versetzen, unter dem vorwand, sie von ihren qualen erlösen zu wollen. Caesar hat ihn jedoch durchschaut und läfst ihn zur hinrichtung abführen. Der anwesende bruder der Iras aber tötet ihn auf der stelle. Der erwähnte einflufs von Corneilles Photin auf die person des Photinus zeigt sich besonders deutlich im verhalten des letzteren zu dem siegreichen Octavius Caesar. Im „Pompée" bestimmt Photin den jugendlichen, unselbständigen Ptolomée, den zuflucht suchenden Pompée ermorden zu lassen, damit er

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1) Photin im Pompée und Photinus in A. a. Cl. sind indessen zwei verschiedene historische personen. Bei Plutarch und Lucan heifst ersterer Pothinus. Er wird von J. Caesar zum tode verurteilt. Photinus für Pothinus fand Corneille dans quelques manuscrits de César". S. a. a. o. IV. bd. s. 26, anm. 6.

(Ptolomée) sich dem sieger verpflichte. Mit derselben rücksichtslosigkeit und von ähnlichen hoffnungen veranlafst, verursacht Photinus den tod des Antonius. Auch das verhalten der sieger ist in beiden tragödien das nämliche: Jule César grollt dem Ptolomée, dafs er seinen grofsen gegner hat ermorden lassen; Octavius Caesar ist entsetzt, dafs Photinus den tod des Antonius veranlafst hat. Ptolomée sucht seinen ihm von Photin eingegebenen schritt zu rechtfertigen und sagt u. a., dafs ihn der eifer, César zu dienen, zu dem blutbefehl bewogen habe. Dann fährt er fort (II. akt, 2. sc. s. 65):

Vous m'en désavouez, vous l'imputez à crime;

Mais pour servir César rien n'est illégitime.

J'en ai souillé mes mains pour vous en préserver:
Vous pouvez en jouir, et le désapprouver;

Bei Sedley entschuldigt sich Photinus in derselben weise (V. akt, s. 189):

I wish Antonius' blood were not yet spilt,

But yours is the advantage, mine the guilt.

Auch die erwiderungen der sieger auf diese entschuldigungen enthalten ganz ähnliche gedanken; César sagt (ibid.):

Votre zèle étoit faux,

[Et] s'il vous a donné ces craintes trop subtiles,
Qui m'ôtent tout le fruit de nos guerres civiles,
Où l'honneur seul m'engage, et que pour terminer
Je ne veux que celui de vaincre et pardonner,

Caesar ruft dem Photinus zu (ibid.):

Thou hast the pow'r of pard'ning from me ta’en,
And empty wishes now alone remain.

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Hence, from my sight! since blasted is by thee
The fairest fruit of all my victory.

An die nebenhandlung schliefst Sedley zwei scenen an, die wir als ziemlich überflüssig bezeichnen müssen die liebes- scene (II. akt s. 146 ff.) und die eifersuchtsscene (IV. akt s. 172 ff.) zwischen Photinus und Iras. Der dichter folgt hierbei dem herrschenden geschmack und sorgt dafür, dafs liebe und galanterie in seinem stück nicht zu kurz kommen. In der heroischen tragödie werden ja vorzugsweise verliebte und galante helden dargestellt. In erster linie schildert Sedley natürlich Antonius als einen solchen, Doch auch

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