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seine schönheit und geistesgaben geerbt zu haben. Dafs Lady Sedley für eine gute erziehung ihres sohnes Charles, der noch vor seiner geburt des Vaters beraubt worden war, sorge getragen hat, kann keinem zweifel unterliegen. Der grund zu seiner guten kenntnis der klassischen schriftsteller ') ist sicher schon in früher jugend gelegt worden. Wie indessen die erste erziehung verlaufen ist, wird uns nicht berichtet. Sicher steht fest, dafs Charles mit 17 jahren, am 22. März 1656, als fellow commoner in das Wadham College in Oxford aufgenommen wurde. Er besuchte die universität nur kurze zeit und verliefs sie, ohne einen akademischen grad erworben zu haben. Die angabe Woods: 2),,he retired into his own country, and neither went to travel or the inns of court" hat offenbar ihre richtigkeit, denn kurz nach dem verlassen der universität verheiratete sich Sedley mit Catherine Savage, der tochter des John Savage, Earl of Rivers, am 23. Februar 1657 in St. Giles's-in-the-Fields. Es ist klar, dafs sich Sedley unter diesen umständen weder ins ausland noch nach London sehnte. Nach der hauptstadt wird es ihn um so weniger gezogen haben, als auf ihr noch der druck des finsteren puritanertums lastete, das seiner heiteren, offenen natur widerstrebte. Er wird das junge eheglück geniefsend, an ländlichen freuden sich ergötzend unabhängig auf seinem landsitz gelebt haben.

Der umschwung, der sich im jahre 1660 bei der wiederherstellung des königtumes im politischen, religiösen und sozialen leben Englands vollzieht, macht sich auch im leben unseres dichters geltend. Als anhänger der kavalierpartei locken ihn der glanz des hofes und die vergnügungen der hauptstadt nach London. Wir sehen, wie er hier bald mitten in dem flotten leben steht, das besonders unter den vornehmen und den höflingen platz gegriffen hat. Ein ziemlich anschauliches bild von seiner lebensweise in den sechziger jahren gewinnt man aus einer reihe von notizen, die sich in dem für die kenntnis der restaurationszeit äufserst wichtigen tagebuche

1) Diese kann ihm auch Courthope, der sonst sehr ungünstig über ihn urteilt, nicht absprechen. Er sagt, ihn mit Carew vergleichend, a. a. o. s. 469: „His classical allusion (he was a good scholar) is lighter and less learned, and he is freer from conceits than the elder poet."

2) a. a. o. II. bd. s. 1099.

von Samuel Pepys finden. Der erste sich auf Sedley beziehende eintrag (1. July 1663) berichtet ,,of a late triall of Sir Charles Sedley the other day, before my Lord Chief Justice Foster and the whole bench." Sedley hatte sich mit Sir Thomas Ogle und Lord Buckhurst 1) im „Cock" in der Bow Street sinnlos bezecht. Sie stiegen auf den balkon und erregten durch ihr unanständiges benehmen das aufsehen und den unwillen der vorübergehenden. 2) Sedley zeigte sich schliefslich im Adamskostüm und hielt anstöfsige reden, sodafs die menge, die sich angesammelt hatte, die betrunkenen zuletzt mit steinwürfen vertrieb und die fenster des wirtshauses einschlug. Als sich Sedley wegen dieses groben unfuges zu verantworten hatte, drückte ihm der Lord Chief Justice Foster in sehr scharfen worten seinen tadel aus. Sedley, der sich nicht gerade reumütig benahm, wurde zu der sehr empfindlichen strafe von 500 verurteilt. Hauptsächlich dieser tolle streich hat zu harten urteilen über Sedley anlafs gegeben. Es scheint uns aber sehr gewagt, auf grund einer in starker trunkenheit begangenen torheit über den charakter und die moral eines mannes den stab zu brechen. Es wird daher eine der hauptaufgaben dieser biographie sein, das leben Sedleys möglichst von allen seiten zu beleuchten, um so ein gerechteres urteil zu stande zu bringen.

Unser dichter wurde bald nach seiner ankunft in London in die hofkreise eingeführt. Am häufigsten treffen wir ihn in begleitung des oben genannten Lord Buckhurst. Ferner machte er die bekanntschaft des herzogs von Buckingham, des führenden schöngeistes am hofe Karls II., und des ebenso begabten als zügellosen grafen von Rochester. Nach kurzer zeit wurde er dem könig selbst vorgestellt und er erfreute sich bald seiner vollen gunst. Besonders werden Sedleys „,witz" (wit) und glänzende unterhaltungsgabe Vorzüge, die ihm bald allgemein zugesprochen wurden die aufmerksamkeit Karls II. erregt haben. Unser dichter wurde einer der beliebtesten be

1) Charles Sackville, bekannt unter dem namen Earl of Dorset, der als lyriker und dichterfreund einen ruf erlangte.

2) In der Biographica Britannica heifst es they exhibited themselves in the Balcony in very indecent postures, and gave great offence to passengers by very unmannerly discharges upon them."

gleiter des „merry king". Letzterer scheint die gedichtchen und die konversation Sedleys sehr geschätzt zu haben, da er oft zu seiner umgebung gesagt haben soll,,that Sedley's stile, either in writing or discourse, would be the standard of the English tongue". 1) Wir sahen indessen schon in der einleitung, dafs die gunst eines so leichtlebigen monarchen wie Karl II. nicht unbedenklich war, und nach dem urteil eines zeitgenossen war sie geradezu verhängnisvoll: Burnet sagt in der „History of his own times“: „He [Charles II.] had the art of making people grow fond of him at first, by a softness in his whole way of conversation When he saw young men of quality that had something more than ordinary in them, he drew them about him, and set himself to corrupt them both in religion and morality; in which he proved so unhappily successful, that he left England much changed at his death from what he had found it at his restoration." 2) Selbst wenn dieses urteil zu streng sein sollte, so unterliegt es keinem zweifel, dafs die initiative zu sinnengenufs und ausschweifendem leben durchaus beim könig lag. So sicher wie höflinge ihren herrscher schon ruiniert haben, ebenso sicher hat Karl II. zum ruin einiger seiner höflinge beigetragen. Dieser tatsache kann man sich nicht verschliefsen, wenn man z. b. das leben Rochesters studiert, der mit 33 jahren an den folgen des ausschweifenden hoflebens zu grunde ging. Sedley, von dem man die überzeugung gewinnt, dafs er von haus aus ein guter, aber wohl etwas nachgiebiger mensch war, wurde gleichfalls

in den strudel dieses tollen lebens gezogen. Aber er verliert nicht allen halt, sondern macht sich später wieder davon los und gelangt zu gemäfsigten anschauungen und ernstem streben, das er besonders als parlamentsmitglied betätigt hat.

Zunächst wollen wir weiter das ausgelassene treiben der sechziger jahre verfolgen. An den zechgelagen und tollen streichen seines königlichen freundes nimmt Sedley eifrig teil. Pepys berichtet (23. Okt. 1668), dafs sich der könig mit Sedley, Buckhurst und anderen in Saxam bezecht habe: „The King was drunk at Saxam with Sedley, Backhurst [bei Pepys bis

1) 1776-ausg. I, p. XIII.

2) Cit. nach Chambers's Cyclopaedia of Engl. Lit. London 1902. Vol. II. p. 34.

weilen für Buckhurst] etc. the night that my Lord Arlington came thither [zur audienz beim könig], and would not give him audience, or could not; which is true, for it was the night that I was there and saw the King go up to his chamber and was told that the King had been drinking." Wie ungeniert Sedley und einige andere höflinge mit dem könig verkehren, geht aus einer äufserung von Baptist May, der ,,Keeper of the King's Privy Purse" war, deutlich hervor: ,,there was no man in England that had a head to lose durst do what they [Sedley und Buckhurst] do every day with the King" (Pepys 23. Okt. 1668). Dafs es nicht beim blofsen zechen blieb, dafs vielmehr allerhand derbe späfse damit verbunden waren, läfst sich leicht denken. Obscöne lieder waren ein notwendiger bestandteil der trinkgelage. Man sang sie als rundgesänge (catches) oder liefs sie sich von musikanten vortragen. So erwähnt Pepys (auch unter den 23. Okt. 1668) folgenden vorfall: the king and these gentlemen did make the fiddlers of Thetford

they could think of.

to sing them all the obscene songs Wenn des königs freunde bei einem excefs ertappt werden, kommt es ihm nicht darauf an, ihnen wider alle gerechtigkeit beizustehen, wie wir aus einem vorfall ersehen, den Pepys (ibid.) mitteilt: -- the late frolick and debauchery of Sir Charles Sedley and Backhurst running up and down all the night, almost naked, through the streets; and at last fighting, and being beat by the watch and clapped up all night; and how the King takes their parts; and my Lord Chief Justice Keeling hath laid the constable by the heels to answer it next Sessions: which is a horrid shame. Der biedere Pepys schliefst den tagebucheintrag vom 23. Okt. 1668 mit den worten: „, which is a sign of a mad world; God blefs us out of it!", und am 26. Okt. unterhält er sich eine stunde lang mit einem vornehmen herren „about the ill posture of things at this time, while the King gives countenance to Sir Charles Sedley and Lord Buckhurst". Auch ohne den könig führten die beiden letzteren tolle streiche aus; Pepys erzählt (14. Juli 1667) von einem liebesabenteuer mit der schönen und berüchtigten schauspielerin Nell Gwyn; er sagt: To Epsum, by eight o' clock, to the well, where much company. And to the towne to the King's Head; and hear that my Lord Buckhurst and Nelly are lodged at the next house,

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and Sir Charles Sedley with them: and keep a merry house." Diese angeführten belege beweisen zur genüge, wie ganz unwürdig sich der könig benahm, und wie schlimm er und seine höflinge es trieben. Dafs Sedley auf diese weise in den ruf eines zügellosen menschen kam, kann uns natürlich nicht wunder nehmen. Der ungenannte biograph 1) stellt fest, dafs sich zwei tatsachen aus Sedleys verkehr bei hofe ergaben: „first, his estate was never the better for court; and secondly his morals much the worse". Begreiflicherweise war das leben, das Sedley führte, kostspielig, und seine vermögensverhältnisse mufsten sich um so ungünstiger gestalten, als er im gegensatz zu den meisten anderen höflingen es verschmähte, den könig um materielle gnadenbeweise zu bitten. Karl II., um dessen kasse es in der regel schlecht bestellt war, hafste die aufdringlichkeit der höflinge, konnte ihnen aber nur selten eine bitte abschlagen. Er soll Sedleys zurückhaltung sehr geschätzt haben, war aber viel zu egoistisch, als dafs er sie belohnt hätte.

In der einleitung wurde angedeutet, dafs das theater in der damaligen zeit hauptsächlich von hofkreisen besucht wurde. Auch Sedley ist häufig dort zu treffen; wiederum ist es Pepys, der es uns ermöglicht, den dichter zu belauschen. Unter dem 4. Okt. 1664 teilt er uns folgendes mit: Pepys sieht sich „The Generall" an. Er findet, dafs das stück sehr langweilig ist und herzlich schlecht gespielt wird. Das gröfste vergnügen bereiten ihm dagegen die treffenden bemerkungen, die Sedley beständig über das stück macht. "I happened to sit near Sir Charles Sedley: who I find a very witty man, and he did at every line take notice of the dullness of the poet and badness of the action, that most pertinently; which I was mighty taken with." Als er (Pepys) ein anderes mal (18. Febr. 1667) im ,,King's House" die aufführung der „,Mayd's Tragedy" besucht, hat er wieder gelegenheit, Sedleys unterhaltungstalent und vorzügliches urteil zu bewundern. Pepys' aufmerksamkeit wird durch ein gespräch Sedleys mit zwei damen vom stück abgelenkt. Zunächst ist er darüber nicht erbaut, bald aber hört er mit interesse der unterhaltung zu. ,,And one of the ladies would and did sit with her mask on

1) 1776-ausg. I, p. XIV.

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