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Serbokroatische zum Vergleich heran. Auf die von M. angeführten Beispiele aus dem Serbokroatischen will ich nicht eingehen; zu denjenigen aus dem Abg. bemerke ich nur folgendes: Es darf nicht behauptet werden, daß xрseь schon im Abg. vollständig nach den i-Stämmen flektierbar war, (S. 107), weil der abg. Gen. sg. xpõee vorliegt. Anscheinend kennt M. nicht abg. Formen wie METATH, METAL (179), -имати, -имаж (възимаж, вънимаж и. а. 180) noch das Part. praet. act. mit dem Suffix -vos- von den 2-stämmigen Verba, da er alle russ. Partizipia auf -ueuiu für russ, Neubildungen hält (193), obgleich sich diese Partizipia schon in den ältesten abg. Sprachdenkmälern (z. B. Zograph.) finden und im Suprasliensis sogar überwiegen. Einen seltsamen Eindruck erweckt die ständige Heranziehung des Abg. anstelle des Urslavischen; dabei werden die Beispiele aus dem Abg. gewöhnlich mit „ursl. (abg.)" bezeichnet. Ferner gibt M. bei diesen Beispielen den Akzent an (vgl. dûcho, kopo 48, šíti, otící 49 u. a.); wodurch der Anschein erweckt wird, daß er für das Abg. die gleichen Akzente annimmt, wie sie für das Urslavische erschlossen worden sind. An einigen Stellen werden dem Abg. und Ursl. gemeinsam Formen zugeschrieben, die in einer dieser Sprachen nicht vorkommen. Z. B. auf S. 146 stehen als „ursl. (abg.)" die Formen „Gen. tebe, *tobe, Dat. ti, tebě, *tobě“ u. a. 1). Heißt das etwa, daß M. die mit Sternen versehenen Formen auch für das Abg. annimmt? Oder, auf S. 161 gibt M., nachdem er davon gesprochen hat, daß das Abg. bei der Deklination der zusammengesetzten Adjektiva den „ursl. Zustand bewahrt hat, Beispiele wie: „G. m. n. novajego (novaago, novago)..., Dt. m. n. novujemu (novuumu, novumu) usw. Hält M. die in den Klammern angeführten Formen für urslavisch oder nicht? Falls sie urslavisch sein sollen, warum haben sich dann Reste solcher Formen in keiner andern slav. Sprache außer dem Abg. erhalten? Fälls sie nicht urslavisch sein sollen, fragt man sich, welchen Wert sie dann für eine Geschichte der russischen Sprache haben und welches der Sinn der diesen Paradigmen vorausgeschickten Behauptung sein könnte, daß alle abg. Formen den urslav. Zustand genau wiedergeben. Trotzdem identifiziert M. fast überall in seinem Buch abg. Formen mit urslavischen.

Außer einer Beschreibung des heutigen gebildeten Russisch und kurzen Mitteilungen über die russ. Dialekte enthält das Buch von M. auch ein historisches Element. Er will klären: 1. in welchem Verhältnis die Tatsachen des heutigen Schriftrussisch zum Urslavischen stehen und 2. eine Geschichte geben. Die Feststellung der Beziehungen zwischen dem Schriftrussischen und Urslavischen wird erschwert durch den Umstand, daß in die heutige russ. Schriftsprache viel Kirchenslavisches, d. h. Abg. eingedrungen ist: es muß daher geschieden werden zwischen Erscheinungen, die durch bodenständige Veränderung des urslav. Bestandes im Russischen entstanden sind, und solchen, die aus

1) Die Sterne vor tobe, tobě stehen bei M.

dem Abg. bezw. Ksl. eingedrungen sind und sich unter dem Einfluß des Russischen verändert haben.

Die Darstellung des ersten Problems, des Verhältnisses zwischen dem Russischen und Urslavischen, gehört in die russ. Sprachgeschichte, nicht aber diejenige des zweiten, weil die Geschichte der Tatsachen des Ksl. vor ihrem Eindringen ins Russische außerhalb einer russ. Sprachgeschichte liegt. Hieraus läßt sich folgern, daß es keinen Sinn hat in einer historischen Grammatik des Russischen, das Verhältnis der russ.- ksl. Elemente zum Urslav. zu behandeln; es genügt, die lautliche Gestalt festzustellen, in der sie das Russische übernommen hat. Aber die ins Russische eingedrungenen ksl. Elemente lassen sich nicht immer leicht von denjenigen scheiden, die als Erbgut auf das Urslavische zurückgehen. Keine Schwierigkeiten bietet die Scheidung, wenn der Vollaut fehlt, u und ca aus urslav. tj und dj vorliegt usw.; in vielen anderen Fällen ist es schwer zu sagen, ob eine alte Erscheinung des Russischen oder eine ksl. Tradition vorliegt, und eine Lösung dieses Problems ist für einen Gelehrten, der sowohl dieser Tradition als auch der lebenden russ. Sprache fernsteht, ganz unmöglich. Diese Schwierigkeit jedoch befreit den Historiker der russ. Sprache nicht von der Verpflichtung, die Tatsachen dieser beiden Kategorien auseinanderzuhalten und in Zweifelsfällen mit verschiedenen Möglichkeiten zu rechnen. Obgleich M. in seinem Buche nach Möglichkeit die ksl. Elemente der russ. Schriftsprache von den alten russ. zu trennen sucht, behandelt er in seiner Darstellung doch in gleicher Weise das Verhältnis der einen und der anderen zum Urslav.; so wird le im russ. пльнь als eine Veränderung des ursl. el (52) behandelt, 30paccmsyŭme auf ursl. *sadorvьstvuite (103) zurückgeführt usw. mit der Bemerkung, daß solche Wortarten ksl. sind. M. E. wird durch eine solche Darstellungsweise das allgemeine Bild von dem Verhältnis des Russischen zum Urslavischen entstellt.

Es fragt sich, wieweit die Angaben M.'s bei 1. der Scheidung zwischen ksl. und russ. Elementen, 2. der Darstellung des Verhältnisses der russ. Sprache zur ursl., richtig sind.

Wir wissen, daß die ältesten Denkmäler des russ. Schrifttums zum größten Teil Abschriften entweder von abg. Vorlagen sind oder von Werken oder Übersetzungen russ. Verfasser, die sich aber des Ksl. bedienten. Daher dürfen wir diese oder jene Schreibung der Denkmäler nur in dem Falle als eine russ. Eigentümlichkeit deuten, wenn sie weder aus dem Abg. noch Südslav. erklärt werden kann. M. achtet darauf nicht und hält für echtrussisch eine Reihe von Schreibungen in russ. Sprachdenkmälern aus dem 11. bis 14. Jahrh., die zweifellos auf südslav. Orthographie zurückgehen; hierher gehört z. B. der Ausfall von , 6 in Sprachdenkmälern des 11. Jahrh., dem OstromirEvangelium, dem Izbornik von 1073, den Pandekten des Antiochus 1) u. a.

1) Charakteristisch für M. ist, daß er die Beispiele aus dem

(32), der Hinweis auf Schreibungen von o, e für %, 6 in Denkmälern des 11. und zu Beginn des 12. Jahrh. (32, 42 u. a.) 1), von -мz für -мb im Ostromir-Evangelium (72) 2), die Erklärung des Instr. pl. дарми in der Hypatius-Chronik aus dem 14. Jahrh. als russ. Neubildung analogisch den i-Stämmen 3); die Verwechslung von o- und u-Stämmen im Ostromir-Evangelium und dem Izbornik von 1073 (146), der Gebrauch des Gen. sg. m. für den Acc. sg. von Eigennamen im Ostromir-Evangelium, dem Izbornik von 1073 und an jenen Stellen der Laurentius-Chronik, die aus ksl. Denkmälern abgeschrieben sind (183) und die übrigen angeführten Eigentümlichkeiten ksl. Denkmäler des südslav. Schrifttums. Fälschlicher Weise wird die Endung des Gen. sg. m. und n. der zusammengesetzten Adjektiva auf -czо тоуждегo Izbornik 1073 (164) als russ. bezeichnet, obgleich M. auf S. 145 u. 155 mit Recht behauptet, daß im Abg. dieses Adjektivum pronominal dekliniert wurde.

Ferner scheidet M. nicht mit genügender Sicherheit die ksl. Elemente aus dem heutigen Schriftrussisch aus. So verfällt er z. B. nicht auf die ksl. Herkunft des Wortes no.6зa (77), obgleich sie durch das harte z einwandfrei bezeugt wird (vgl. Klr. niuza und das dial. seltene auch altruss. noльзя). Bei der Behandlung von %, 6 im Russischen verweist M. auf die große Zahl von Fällen mit o für in schwacher Stellung. Er weiß, daß die Kirchensprache oft zur Erhaltung des Vollvokals beigetragen hat“ (81), kennt aber

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Ostromir-Evangelium und den Pandekten des Antiochus Aufsätzen von KOZLOVSKIJ u. KOPKO entnommen hat, die in überzeugender Weise darlegen, das der Ausfall von %, 6 in den genannten Denkmälern auf deren südslav. Vorlagen zurückgeht.

1) Es gibt solche Fälle, doch sind sie durch südslavische Orthographie zu erklären. Zufällig hat M. aber seinen Hilfsmitteln nur solche Beispiele entnommen, die sich in den Denkmälern nicht finden.

2) Unverständlich ist die Bemerkung M.'s An Einfluß der abg. Sprache ist in diesem Umfange schwerlich zu denken". Dabei sind Russizismen im Ostromir-Evangelium sehr selten und die südslavische Orthographie auffallend gut durchgeführt. Die Endung - kommt beim Instr. sg. und bei der 1. Sg. der athematischen Verba in abg. Denkmälern südslav. Redaktion sehr häufig vor (vgl. Sav. Supr. Mar. Assem. mitunter auch im Cloz.); die russ. Hs. des 11. und 12. Jahrh. haben in der 1. Sg. -мъ nur in имамъ, dagegen stets: ксмь, дамь, ѣмь; diese letzten 3 Formen waren im Russ. des 11. Jahrh. und auch später zweifellos gebräuchlich (смь ist nicht vor dem 14. Jahrh. verloren gegangen). Das Vorhandensein von umamь oder umama im historischen Russ. läßt sich aber nicht beweisen.

3) Tatsächlich ist dieses noch eine abg. Form der u-stämmigen Deklination (vgl. dapz.nu Euch. Sin., dapoy Loc. sg. Supr., dapose Nom. pl. Supr., dapoez Gen. pl. Supr., dapox Loc. pl. Sin., dapoxa Loc. pl. Euch. Sin. Hyp. 14. Jahrh.), die auf die abg. Vorlage zurückgeht.

nicht in genügendem Maße das Russische, um entscheiden zu können, ob es sich bei einem Beispiel mit o für in schwacher Stellung um ein ksl. oder ein altes russ. Wort handelt, und M. erklärt daher oft ein solches o durch Analogie oder andere Gründe selbst in Fällen, wo die ksl. oder gelehrte Herkunft des Wortes sicher ist. So deutet er z. B. das o in den Präfixen der Wörter созову, созовёшь (81), созывать (84), coзudamb (81, 84), couuécmeie (82) als analogisch", verzichtet aber auf eine Erklärung bei den Wörtern сопоставить, -влять, сопредѣльный, соприкоснуться, сопричастникъ, сопричислить, -слять (84, 85), сотрясать, -сти (85), водворять, -рить, водружать, -зить, вопросъ (87), возразить, возражать (90), возрасти, возрастить, возрастать neben взрослый (S. 81 Anm. 2 u. S. 91). Es unterliegt aber keinem Zweifel, daß alle diese Wörter ksl. oder seltener gelehrten Ursprungs sind, gebildet in späterer Zeit von Schreibern, die gewohnt waren in einer an ksl. Wörtern und Formen reichen Sprache zu schreiben. Die ksl. Herkunft dieser Wörter geht aus ihrer Geschichte und ihrem heutigen Gebrauch hervor. Die meisten von ihnen sind heute noch der Volkssprache unbekannt, auch werden sie nur selten in der Umgangssprache der Gebildeten gebraucht. Formen wie созову, созывать, созидать, сопричислять, сотрясать, водружать, возрастать, возрасти, возрастить werden noch heute als Wörter des erhabenen Stiles empfunden, mitunter sogar in einer abstrakteren Bedeutung als сзову, сзывать, строить, причислять oder включать в число, трясти, вставлять oder ставить, вырастать, вырасти, вырастить; vor verhältnismäßig nicht langer Zeit haben auch die Wörter conoставлять, сопредѣльный, соприкоснуться, водворять diese Bedeutungsnuance besessen. Das Wort comecmeie wird auch jetzt noch nur auf kirchliche Ereignisse angewandt.. Auch andere Tatsachen weisen auf einen ksl. Ursprung dieser Wörter hin; oft lassen sich sogar die ksl. Sprachdenkmäler angeben, aus denen das eine oder andere dieser Wörter in die russische Literatursprache eingedrungen ist. So z. B. ist das Wort conpoca kirchenslavisch, das allgemeingebräuchlich geworden ist durch die in Altrußland außerordentlich große Verbreitung von zahlreichen Schriften verschiedenen Inhalts in fragend-antwortender (katechetischer) Form, in denen das Wort conpoco" auf Schritt und Tritt vorkam. Vgl. ksl. вопрошать, вопросить neben russ. спрашивать, спроcumb. Alles was M. für wohl ksl.“, „sicher ksl.“, „vielleicht ksl. hält ist sicher kirchenslavisch. Sieht man von den ksl. Wörtern mit o aus in schwacher Stellung ab, so enthält das Russische sehr wenig Wörter mit einem solchen o, die alt- oder reinruss. Neubildungen sind. Aber auch in Wörtern ksl. Herkunft ist das in schwacher Stellung meist geschwunden. Aus welchen Gründen im Ksl. ein o für ð in schwacher Stellung aufgekommen ist, ist mir unklar, auf keinen Fall darf aber der Grund dafür im Russischen gesucht werden.

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M. weist auch nicht hin auf den ksl. Ursprung der Wörter cлuxo (56), змій (117), агнецъ (121), ночію (178), создать (180) изъемлю (180), cymb 3. Pl. (183), noch auf die zusammengesetzte deklinierbare Form

des Komparativs (167) und hält, wie es den Anschein hat, den größten Teil dieser Wörter für ursprünglich russisch, während sie alle zweifellos gelehrt, ihrer Entstehung nach ksl. sind; außer dem Worte coзdamb, das der Volkssprache unbekannt ist, sind sie nicht nur in der lebenden Umgangssprache, sondern auch meist in der Schriftsprache ungebräuchlich (die Form cymb 3. Plur. wird nur in der wissenschaftlichen, nicht aber in der Kunstprosa gebraucht).

Auch mit dem, was M. über das Urslavische sagt, kann man nicht immer einverstanden sein. Über die Aussprache des ursl. gibt er allzu genaue Angaben: wohl so zu sprechen wie u in einem flüchtigen englischen but. Die vergleichende Grammatik der slavischen Sprachen aber erlaubt es nicht, so weite Schlüsse zu ziehen. Da M. das urslav. in einem für deutsche Leser geschriebenen Buch mit einem englischen Laut vergleicht, könnte man geneigt sein anzunehmen, daß es im Deutschen keinen dem entsprechenden Laut gibt. Mit demselben Recht, mit dem M. mit dem engl. u in but vergleicht, könnte man es mit dem deutschen e in Gabe vergleichen; vielleicht fiel ursl. lautlich nicht mit dem deutschen e in Gabe zusammen und auch nicht mit dem engl. u in but, vielleicht stand es lautlich wirklich dem u in but näher als dem deutschen e in Gabe doch das sind solche Einzelheiten, über die wir heute noch nichts Näheres sagen können.

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Das ursl. ě hält M. für geschlossen gegenüber dem offenen ursl. e (29). Doch dieses widerspricht dem gemeinslav. Wandel von ē zu a nach Palatalen und den Angaben der einzelnen slav. Sprachen des Abg., Bg., und Poln., auch läßt sich eine solche Behauptung nicht in Einklang bringen mit dem Verhältnis zwischen o und a, bei denen der lange Vokai der offenere ist. Wahrscheinlicher ist es, daß das gemeinslav. è entweder ein diphthongisches ie gewesen ist, dessen zweiter Komponent sehr offen war, oder ein Laut gemischter Artikulation, der mit einem i begann und dann offener wurde (offenes e oder ā)1).

Ferner gibt das Buch von M. ein falsches Bild von den palatalisierten Konsonanten im Urslav. Nach M. ist im Urslav. wie im Russ. ein Konsonant entweder hart (velar) oder weich (palatal), je nachdem ob der ihm folgende Vokal hart oder weich ist (69); dabei ist im Urslav. der Vokal der unbedingt bestimmende Faktor: ist er z. B. palatal und geht ihm ursprünglich ein ausschließlich velarer Konsonant

voraus, so bleibt der Vokal möglichst erhalten, der Konsonant ändert sich" (ib.). Als weiche Konsonanten nimmt er schon für das Urslav. m, r, l, p, b, t, d, s, z, v in folgenden Beispielen an: milost', pri (Präpos.), myslí, písʊ, obědv, desęto, divo, sila, zeml'a, viti (70-71). Für ein

1) Als diphthongisches ie fassen das gemeinslav. ĕ FORTUNATOV und seine Schüler (ŠACHMATOV, PORZEZIŃSKI u. a.). MEILLET beschreibt das gemeinslav. è als „un e long très ouvert und außerdem fortement yodisé (Slave commun 42).

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