Slike strani
PDF
ePub

wir, wie das Altenglische zu verlangen scheint und auch das awest. dānu „Fluß" empfiehlt, ihn als u-Stamm uns vorstellen dürfen. Dies ergab für die Zeit der angelsächsischen Eroberung die Namensform abrit. *Dōnu, welche von den Engländern nach der bekannten Lautregel über den Abfall eines schwachtonigen -u nach langer Silbe im 8. Jahrhundert im ae. Don, Genetiv Dōna verwandelt wurde. Ein altenglisches o sollte nun im Neuenglischen gegen Ende des 15. Jahrhunderts zu langem z werden. Die neuenglische Form Don mit kurzem o kann daher nur von dem Kompositum Doncaster hergenommen sein, in welchem vor Doppelkonsonanz regelrecht Kürzung des langen ō zu erwarten war. Bei dem anderen Don bei Jarrow könnte die Vokalkürzung von dem Kompositum Done-mūpe ausgegangen sein, was allerdings voraussetzt, daß diese heute aufgegebene Bildung sich auch über die altenglische Zeit hinaus in Gebrauch erhalten hatte.

7. Neben den beiden Don scheint noch ein englischer Fluß denselben britischen Stamm bewahrt zu haben, nämlich der schottische Doon in Ayrshire, der uns aus BURNS' Liedern bekannt ist. Lautlich würde alles prachtvoll stimmen, da ja Doon mit langem u, selbst in seiner lokalen Aussprache mit schottischem , die lautgesetzliche Fortentwicklung eines abrit. *Donu sein würde. Die Frage höchstens könnte aufgeworfen werden, ob die Briten soweit nach Norden gesessen haben. Dies ist aber zu bejahen; dehnte sich doch das nordkymrische Britenreich ursprünglich bis nach Dumbarton am Clyde aus, wie uns nicht nur geschichtliche Nachrichten beweisen, sondern auch die Namensform des Flusses Clyde, welche sich nur aus akymr. Clüd (10. Jahrh.), nicht aus altirischem Cluath, erklären läßt 1); sowie der alte Name von Dumbarton, abrit. Al(t)-Clut d. i. „Felsen am Clyde", den erst die nachrückenden Goidelen in (air.) Dūn mBretan (schon im 7. Jahrh. bei Adamnan) umgetauft haben "). Eine andere, vom heutigen Lautstande aus mögliche Ableitung des Doon, nämlich von nkymr. dwfn, dwn [sprich duvn, dūn),

1) M. FÖRSTER Keltisches Wortgut im Engl.
2) J. E. LLOYD History of Wales (London

(Halle 1921) S. 233.
1912) S. 165 A. 18;

M. FÖRSTER Kelt. Wortg. S. 207 f. Zum Geschichtlichen s. Ruys Celtic Britain (Loudon 1904) S. 144-149.

verbietet sich durch die alte Form Done, die nach JOHNSTON Place-Names of Scotland (Edinburgh 2 1903 S. 103) um 1300 für unser schottisches Flüßchen belegt ist1).

S. F. SOLMSEN hat in seinen „Indogermanischen Eigennamen" zur Sippe von Dānuvius dann noch den schottischen Fluß Don in Aberdeenshire sowie den mehrfach in Frankreich vorkommenden Flußnamen Don gestellt. Der schottische Flußname gehört sicher nicht hierher. Dies beweisen die älteren englischen Belege sowie die gälischen Formen des Namens. Das mittelenglische Nebeneinander von Don (ca. 1170) und Den (ca. 1180) sowie von Aber-don (1150) und Aber-den (ca. 1180), das sich noch in dem heutigen ne. Don neben Aberdeen, d. h. „Mündung des Don", zeigt, sowie die altnordische Form Djōn und endlich das altgälische Deon (11. Jahrh.), das neugälisch zu Deathan [sprich tšę an] geworden ist, weisen auf eine ältere Form Deon, die je nach der Akzentlagerung Dōn oder Den ergab. Dieses agäl. Deon hat seinerseits zur Grundlage eine noch ältere Form Dēvonā, die wir beim Geographen von Ravenna im 9. Jahrhundert belegt haben und in des Ptolemaios' Anovava [lies novova] nur leicht verschrieben wiederfinden. Das sich hieraus ergebende, noch ältere urkelt. *Deiw-onā gehört klärlich zu idg. *dei-yo-s „göttlich" und schließt jeden Gedanken an eine Zusammengehörigkeit mit Danuvius aus. Vgl. F. G. DIACK Place-Names of Pictland (Rev. celtique 38, 119f.): M. FÖRSTER GRM. 11, 88 und 93; E. BEVERIDGE The 'Abers' and 'Invers' of Old Scotland (Edinburgh 1923) S. 10 ff.

[ocr errors]

9. Was die von SOLMSEN genannten nordfranzösischen Flüßchen namens Don angeht, so wäre an sich die Annahme möglich, daß sie nach einem altbretonischen *don Fluß" benannt seien, welches die von England nach der Bretagne ausgewanderten Briten mit hinüber genommen hätten. Indes trifft dies zum mindesten in zwei Fällen nachweislich nicht zu. Der Don im Dép. Somme, wo übrigens schwerlich auch an eine bretonische Grundbevölkerung zu denken ist, heißt auch Rivière de Trois

1) Aus dem gleichen Grunde ist auch JOHNSTON's Ableitung aus gälischem dun,Burg“ zu verwerfen.

Doms1), und dies lehrt uns, daß der Name hergenommen ist von den drei an seinen Ufern gelegenen alten Ortschaften Dompierre, Domfront (früher eccl. de Domno Frontone 14. Jahrh., eccl. de S. Frontone 1330) und Domélien, die mit vorgesetztem lat. dominus nach den Heiligen Petrus, Fronto und Aemilianus benannt sind 2). Bei dem Flüßchen im Dép. Loire-Inférieure zeigt sein älterer, noch heute gebrauchter Name Uldon1), daß le Don eine volksetymologische Umgestaltung von Uldon ist, welches seinerseits mit dem altgallischen Flußnamen Uldonum (11. Jahrh.), jetzt Oudon, zu vergleichen ist. Und danach wird man wenig Mut haben, nun etwa für den Bachnamen Don im Dép. Orne ein altbretonisches *dōn zu postulieren. Vielmehr wird man den französischen Flußnamen Don gänzlich fernhalten müssen.

10. Aus den vorstehenden Erörterungen über die englischen Flußnamen Don und Doon ergibt sich, daß auch die keltische Sprachgruppe des Indogermanischen ehemals ein Appellativum *dānu- „Fluß“ und zwar so als u-Stamm besessen haben muß, das der öfter schon erwähnten arischen Sippe dānu- „Fluß“ parallel steht. Und damit haben wir den Weg bereitet um zu unserer Ausgangsfrage zurückzukehren. Wir dürfen unsere in $ 4 (oben S. 12) aufgestellte Alternative nunmehr dahin beantworten, daß dānu- „Fluß“ kein speziell arisches Wort ist und daß also vom rein sprachlichen Standpunkte aus kein Grund esteht, den damit zusammenhängenden Flußnamen Danuvius ls eine Schöpfung der südrussischen Iranier anzusehen. Da vielmehr dānu jetzt als gemein-indogermanisches Wort erwiesen ist, kann rein sprachlich gesprochen jeder indogermanische Dialekt dafür verantwortlich gemacht werden. Die Entscheidung darüber, welche indogermanische Sprachgemeinschaft tatsächlich die Flußbenennung vorgenommen hat, gehört nicht mehr vor das Forum der Linguistik. Sie kann allein von der Historie erfolgen. Vergegenwärtigen wir uns aber nochmals, daß der Name Dānu

1) P. JOANNE Dictionaire géographique et administrative de la France, 11 (1890).

2) Die zahlreichen mit dominus gebildeten französischen Ortsnamen sind gut zusammengestellt bei J. SCHÄTZER Herkunft und Gestaltung der franz. Heiligennamen (Münster 1905) S. 79 ff.

vius zunächst als Benennung des Oberlaufs der Donau in die Geschichte eintritt und daß weiter zur Zeit, als dieses geschah, der Oberlauf in den Händen von Kelten war, so werden wir sagen dürfen, daß diese geschichtlichen Tatsachen es an sich sehr wahrscheinlich machen, daß die Kelten die Benenner des Flusses gewesen sind. Nehmen wir weiter das sprachliche Ergebnis hinzu, daß nach Ausweis englischer und kymrischer Namensformen das Keltische tatsächlich den zur Bildung von Dānuvius erforderlichen und semantisch passenden Wortstamm dānu „Fluß“ besessen hat, so wird man es als eine Schlußfolgerung von höchster Wahrscheinlichkeit hinstellen dürfen, daß die Donau ihren heutigen Namen von den seit dem 5. Jahrhundert1) an ihrem Oberlauf sitzenden Kelten empfangen hat.

Wir kehren damit zur alten ZEUSS-MÜLLENHOFF'schen Anschauung insofern zurück, als auch wir den Namen für keltisch erklären. Wir tun dies aber auf Grund einer anderen Etymologie, die den Anschauungen der iranischen Theorie, wenigstens in linguistischer Hinsicht, nahe kommt.

Wenn wir den Namen Dānuvius für keltisch erklären, so soll damit zunächst nur das Stammelement des Namens gemeint sein. Wie das Ableitungssuffix gelautet hat, ob -eu-io-, au-io-, -ou-io- oder, wie das Lateinische vermuten läßt, -(u)u-io- oder, wie zahlreiche andere keltische Flußnamen nahe legen, sogar -au-o- (vgl. oben S. 5 f.), kann nicht mit Bestimmtheit gesagt werden.

11. Überschauen wir zum Schluß noch die Namen, mit denen der Strom von den heute an seinen Ufern wohnenden Völkern bezeichnet wird, so fällt uns auf, daß nur das Deutsche den Namen in der von den Kelten ihnen übermittelten Form bewahrt hat. Die anderen Anwohner haben sämtlich die gotischen Formen, Nom. *Dūnawi und Dat. *Dūnaujai, übernommen und sich zu eigen gemacht. Dies gilt vor allem von den Slavinen2),

1) A. BERTRAND & S. REINACH Les Celtes dans les vallées du Pô et du Danube (Paris 1894) S. 12 ff.

2) Den germanischen Ursprung der slavischen Namensformen betonte schon MÜLLENHOFF (1876), daun auch FR. MIKLOSICH Die Fremdwörter in den slav. Sprachen (= Denkschr. d. Wiener Ak. XV 85 f.).

die sich heute in zwei Formen teilen, Dunavr und Dunaj. Das Verhältnis dieser beiden hat JAGIĆ Arch. f. slav. Phil. 1, 331 ff., als ungeklärt bezeichnet. Mir will scheinen, daß die von den Bulgaren1) und Serben gebrauchte Form Dunava, urspr. Dunavь, auf die gotische Nominativform *Dūnawi zurückgeht, daß dagegen die bei Slovenen, Kroaten, Slovaken, Tschechen, Polen und Russen2) übliche Form Dunaj, falls sie sich nicht aus Dunavu erklären läßt, aus dem gotischen Dative *Dūnaujai abzuleiten ist, da ja Flußnamen und Ortsbezeichnungen in allen Sprachen besonders gern in präpositionellen Dativgruppen auftreten3). Aus dem Altbulgarischen hinwiederum stammt die rumänische Form Dunărea, älter Dunăre, obgleich ich das -Suffix mir nicht zu erklären vermag 4). Das ungarische Duna mag direkt auf das Gotische zurückgehen. Das türkische Tuna ist mir unklar.

Die neugriechische Form lautet ovvaßis) [sprich dūnawis]. In der älteren Zeit kommt neben dem aus dem Latein übernommenen Δανούβιος auch eine vulgare Form Δάνουβις vor (BRANDIS bei PAULY-WISSOWA 4, 2103). Aber beide Formen genügen nicht, wie mir Kollege K. DIETERICH versichert, um die heutige Lautgestalt zu erklären. Daher glaube ich, daß wir das neugriech. 4ovvaßig aus südslav. Dunavь oder aus dem gotischen *Dunawi ableiten müssen (oben S. 3).

Wir sehen sonach, daß fast alle Balkansprachen die gotische Namensform des Flusses sich angeeignet haben, wohl ein Beweis dafür, welch starken Kultureinfluß die Donau-Goten sich auf dem Balkan erworben hatten.

Die übrigen modernen Sprachen legen, soweit sie Eigenformen entwickelt haben, die lateinische Form zugrunde, und

1) Abulg. Dunavь erscheint schon im Codex Suprasliensis des 11. Jahrhunderts.

2) Aruss. Dunai schou in der s. g. Nestorchronik des beginnendeu 12. Jahrhunderts (ülteste Hdschr. von 1377).

3) S. z. B. MEYER-LÜBKE Einführung in das Stud. der roman. Sprachwiss. (3 1920) § 264.

4) G. WEIGAND sieht in re, wie er mir freundlichst mitteilt, ein „bewegliches Suffix, das von der Doppelform des Infinitivs (cînta neben cîntare) heigenommen sei. 5) z. B. bei N. I. IIoliτns 'Exλoyai (Athen 1914) S. 131.

« PrejšnjaNaprej »